Männertrauer: Die oft unsichtbare Last der verwaisten Großväter
- Janina Krüger
- 13. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Der Verlust eines Enkelkindes ist für alle Großeltern ein schwerer Schicksalsschlag. Doch während Frauen oft in der Lage sind, ihre Trauer auszudrücken und Unterstützung zu suchen, sieht es für viele Männer anders aus. Besonders ältere Männer, die noch in einer Zeit aufgewachsen sind, in der Emotionalität und Verletzlichkeit als Schwäche galten, tun sich häufig schwer mit ihrer Trauer. Dies kann nicht nur ihre eigene seelische Gesundheit belasten, sondern auch zu Konflikten in der Ehe und innerhalb der Familie führen.

Die Unterschiede in der Trauer von Männern und Frauen
Männer und Frauen trauern oft unterschiedlich. Während Frauen ihre Gefühle häufig durch Gespräche verarbeiten, neigen viele Männer dazu, ihre Trauer zu verdrängen oder in Aktivität umzuwandeln. Typische Unterschiede sind:
Männer tendieren zur Verdrängung: Sie versuchen, ihre Emotionen zu kontrollieren und zu verbergen.
Frauen suchen Austausch und Unterstützung: Gespräche mit anderen Betroffenen sind für sie oft ein wichtiger Teil des Trauerprozesses.
Männer suchen nach Lösungen: Anstatt Gefühle zu durchleben, konzentrieren sie sich auf praktische Aufgaben oder Ablenkung.
Frauen erlauben sich, Trauer offen zu zeigen: Sie können weinen, sich austauschen und emotionale Nähe suchen.
Diese unterschiedlichen Mechanismen können in einer Ehe oder Partnerschaft zu Spannungen führen, besonders wenn die Großmutter sich nach emotionaler Unterstützung sehnt und der Großvater sich in seine eigene stille Trauer zurückzieht.

Gedanken trauernder Männer
Verwaiste Großväter durchleben oft eine innere Zerrissenheit. Sie fragen sich:
„Darf ich überhaupt trauern? Ich muss doch stark sein für meine Familie.“
„Wie kann ich meinem Kind helfen, wenn ich selbst nicht weiß, wie ich mit meiner Trauer umgehen soll?“
„Ich habe mein Leben lang nicht über Gefühle gesprochen. Wie soll ich jetzt plötzlich damit anfangen?“
„Was, wenn meine Frau mich nicht versteht und wir uns immer weiter voneinander entfernen?“
„Ich fühle mich so hilflos. Gibt es überhaupt einen Weg, mit diesem Schmerz umzugehen?“
Oft entstehen Schuldgefühle, weil Männer glauben, nicht genug für ihre Familie getan zu haben. Manche fühlen sich auch nutzlos, weil sie keine Möglichkeit sehen, die Situation zu „lösen“ oder zu verbessern.
Herausforderungen und Gefahren beim Umgang mit Trauer
Wenn Männer ihre Trauer nicht ausleben oder verarbeiten, kann dies langfristig schwerwiegende Folgen haben:
Sozialer Rückzug: Männer isolieren sich oft, um nicht über ihre Gefühle sprechen zu müssen.
Emotionale Verhärtung: Wer sich jahrelang antrainiert hat, keine Emotionen zu zeigen, kann Schwierigkeiten haben, wieder Zugang zu seinen Gefühlen zu finden.
Gesundheitliche Probleme: Unterdrückte Trauer kann sich in Form von Schlaflosigkeit, Bluthochdruck oder sogar Herzproblemen äußern.
Konflikte in der Ehe: Der unterschiedliche Umgang mit der Trauer kann zu Missverständnissen und Entfremdung führen.
Verdrängung durch Ablenkung: Exzessives Arbeiten, Alkohol oder andere Ersatzhandlungen können zur ungesunden Bewältigungsstrategie werden.

Wie können verwaiste Großväter mit ihrer Trauer umgehen?
Es ist nie zu spät, sich mit den eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen. Auch wenn es schwerfällt, gibt es Wege, sich mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen und sie auf gesunde Weise zu verarbeiten.
Kleine Schritte machen: Wer noch nie über seine Gefühle gesprochen hat, sollte sich nicht unter Druck setzen. Es reicht, zunächst für sich selbst zu reflektieren oder Gedanken in ein Tagebuch zu schreiben.
Körperliche Aktivitäten nutzen: Bewegung kann helfen, Stress abzubauen und Emotionen zu regulieren. Gartenarbeit, Spaziergänge oder handwerkliche Tätigkeiten können wertvolle Wege sein, Trauer zu verarbeiten.
Sich einem Vertrauten öffnen: Es muss nicht sofort ein großes Gespräch sein. Ein erstes, kurzes Gespräch mit einem engen Freund oder Familienmitglied kann helfen, die Blockade zu lösen.
Gemeinsame Rituale mit der Partnerin finden: Vielleicht fällt es schwer, über den Verlust zu sprechen, aber gemeinsame Rituale wie ein Gedenkabend oder ein gemeinsamer Spaziergang können Verbundenheit schaffen.
Anonyme Hilfsangebote nutzen: Manchmal fällt es leichter, mit Fremden zu sprechen. Telefonseelsorge oder Online-Foren bieten eine Möglichkeit, sich auszutauschen.
Akzeptieren, dass Trauer kein Zeichen von Schwäche ist: Gefühle zuzulassen bedeutet nicht, die Kontrolle zu verlieren. Im Gegenteil: Wer seine Trauer annimmt, kann langfristig besser damit umgehen.
Therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen: Ein erfahrener Trauerbegleiter kann helfen, Wege zu finden, mit dem Verlust umzugehen, ohne sich überwältigt zu fühlen.
Fazit
Die Trauer von Männern, insbesondere von verwaisten Großvätern, bleibt oft im Verborgenen. Die gesellschaftliche Prägung, nicht über Gefühle zu sprechen, erschwert vielen Männern den Umgang mit dem Verlust. Doch es ist nie zu spät, neue Wege der Verarbeitung zu finden. Indem Männer lernen, ihre Trauer auf ihre eigene Weise auszudrücken – sei es durch Aktivitäten, Rituale oder den Austausch mit anderen – können sie nicht nur sich selbst helfen, sondern auch für ihre Familie eine wichtige Stütze sein. Die unsichtbare Last der Männertrauer verdient mehr Aufmerksamkeit, Verständnis und Unterstützung



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