Doppelte Trauer: Wenn Sternengroßeltern um ihre Sternenkinder und ihre Kinder trauern
- Janina Krüger
- 13. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 14 Stunden

Der Verlust eines Kindes ist immer furchtbar. Besonders schwer wiegt der Verlust von Sternenkindern. So bezeichnet man die Kinder, die bereits vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind – sogenannte Sternenkinder. Die verwaisten Großeltern werden auch als Sternengroßeltern bezeichnet. Sie trauern nicht nur um ihr Enkelkind, um die ausgemalte Zukunft, um die Vorfreude, um das Kinder lachen, um das Verwöhnen des Enkelkindes, sondern erleben auch das unermessliche Leid ihrer eigenen Kinder, die ihr Kind verloren haben. Diese Zerrissenheit zwischen der eigenen tiefen Trauer und dem Wunsch, den eigenen Kindern Halt und Unterstützung zu geben, macht die Situation besonders herausfordernd.

Die Zerrissenheit der verwaisten Großeltern
Großeltern stehen in einer einzigartigen und oft übersehenen Position. Sie trauern selbst um den Verlust ihres Enkelkindes und müssen gleichzeitig miterleben, wie ihr eigenes Kind leidet. Dies führt zu vielen emotionalen und existenziellen Fragen:
Darf ich offen um mein Enkelkind trauern oder muss ich meine Trauer zurückhalten, um mein eigenes Kind nicht zusätzlich zu belasten?
Wie kann ich für mein Kind da sein, ohne mich selbst völlig zu verlieren?
Wie kann ich mit meiner verbleibenden Lebenszeit umgehen, wenn ich so einen tiefen Verlust erlitten habe?
Wie kann ich mein eigenes Leben weiterführen, wenn die Zukunft meiner Familie so stark verändert wurde?
Darf ich wieder Freude empfinden, ohne dass es sich wie Verrat an meinem Enkelkind anfühlt?
Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um? Hätte ich das Unglück verhindern können?
Wie bewältige ich die Angst, mein eigenes Kind an die Trauer zu verlieren, wenn es sich emotional zurückzieht?

Umgang mit der eigenen Trauer
Es ist essenziell, dass Großeltern sich selbst Raum für ihre eigene Trauer zugestehen. Hier einige Wege, um mit dem Verlust umzugehen:
Trauer bewusst zulassen: Es ist wichtig, sich selbst zu erlauben, zu trauern, und nicht das Gefühl zu haben, stark sein zu müssen. Jeder Mensch verarbeitet den Verlust unterschiedlich.
Austausch mit anderen Betroffenen: Selbsthilfegruppen oder Gespräche mit anderen Sternengroßeltern können Trost und Verständnis bieten.
Rituale der Erinnerung schaffen: Eine Kerze entzünden, ein Tagebuch führen oder einen besonderen Ort besuchen kann helfen, das Enkelkind liebevoll im Herzen zu bewahren.
Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen: Trauerbegleiter oder Therapeuten können helfen, die eigene Trauer in einem geschützten Rahmen zu verarbeiten.
Sozialen Rückzug vermeiden: Auch wenn es schwerfällt, ist es wichtig, mit dem Umfeld in Kontakt zu bleiben und sich nicht völlig abzuschotten.
Für die eigenen Kinder da sein
Eltern, die ihr Kind verloren haben, stehen vor einer der schwersten Herausforderungen ihres Lebens. Großeltern möchten unterstützen, wissen aber oft nicht, wie. Einige Ansätze können helfen:
Präsenz zeigen, ohne zu drängen: Einfach da sein, ohne zu viele Ratschläge zu geben.
Emotionale Unterstützung statt Lösungen anbieten: Worte reichen oft nicht aus. Eine stille Umarmung kann wertvoller sein als gut gemeinte Ratschläge.
Praktische Hilfe anbieten: Hilfe im Haushalt, bei Geschwisterkindern oder organisatorischen Aufgaben kann eine Entlastung sein.
Eigene Erinnerungen an das verstorbene Enkelkind teilen: Das kann für die Eltern tröstlich sein und die Verbindung zu dem Kind lebendig halten.
Die unterschiedlichen Trauerphasen akzeptieren: Eltern und Großeltern durchlaufen die Trauer in unterschiedlichem Tempo und auf unterschiedliche Weise. Verständnis dafür hilft, Konflikte zu vermeiden.
Das Kind beim Namen nennen: Es ist wichtig für die Eltern, dass ihr verstorbenes Kind immer mit dem Namen angesprochen wird. Das zeigt, wie sehr dieses Kind in der Familie willkommen war und dass es nun auch Teil der Familie sein wird.

Der Umgang mit der verbleibenden Lebenszeit
Für ältere Menschen ist der Verlust eines Enkelkindes besonders schmerzhaft, da sie sich der Begrenztheit ihrer eigenen Lebenszeit bewusst sind. Der Gedanke, mit diesem Verlust weiterleben zu müssen, kann erdrückend sein. Einige Impulse können helfen, mit dieser Realität umzugehen:
Die Beziehung zu den lebenden Familienmitgliedern pflegen: Auch wenn das Enkelkind fehlt, gibt es weiterhin wertvolle Beziehungen, die gepflegt werden können.
Sich selbst erlauben, wieder Freude zu empfinden: Lachen und schöne Momente sind keine Zeichen von Vergessen, sondern von Liebe und Leben.
Ein Erbe der Erinnerung schaffen: Einen Baum oder eine Blume pflanzen, eine Spende im Namen des Enkelkindes tätigen, einen Stammbaum zeichnen und darin das verstorbene Kind aufnehmen, oder eine Geschichte aufschreiben kann helfen, das Kind in Erinnerung zu halten oder ein Fotoalbum gestalten mit den gemeinsamen Momenten in der Schwangerschaft.
Neue Aufgaben finden: Ehrenamtliches Engagement oder das Pflegen von Hobbys können helfen, die eigene Lebensqualität trotz des Verlustes zu bewahren.
Die Rolle des Partners nicht vernachlässigen: Großmütter und Großväter trauern möglicherweise unterschiedlich. Ein bewusster Austausch über die Gefühle kann helfen, sich gegenseitig zu stützen.

Die Suche nach Trost und Sinn
Spirituelle und philosophische Fragen zulassen: Viele Menschen suchen in schweren Zeiten nach Antworten auf die großen Fragen des Lebens. Ob in Religion, Philosophie oder Natur – es gibt viele Wege, Trost zu finden.
Rituale zur Erinnerung schaffen: Ob ein jährlicher Gedenktag oder kleine Gesten im Alltag – Rituale können helfen, das Enkelkind im Herzen zu behalten.
Sich selbst vergeben: Großeltern tragen oft eine unbewusste Last mit sich. Sich selbst zu vergeben, dass man nicht alles verhindern konnte, ist ein wichtiger Schritt zur Heilung.
Fazit
Die doppelte Trauer von Sternengroßeltern, die ein Sternenkind verloren haben, ist eine immense emotionale Belastung. Sie müssen ihren eigenen Verlust bewältigen und gleichzeitig für ihre Kinder da sein, die ebenfalls leiden. Wichtig ist es, sich selbst nicht zu vergessen, sich Unterstützung zu suchen und liebevolle Erinnerungen an das Enkelkind zu bewahren. Trotz des Schmerzes kann es möglich sein, Wege zu finden, die verbleibende Lebenszeit mit Sinn und Liebe zu gestalten. Die Balance zwischen dem eigenen Schmerz und der Unterstützung für die Familie ist herausfordernd – doch es gibt Hoffnung und Wege, diesen schweren Verlust zu verarbeiten.
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